Tag des Notrufs: Wie Notfälle koordiniert werden | Die Glocke

2023-02-16 16:00:42 By : Ms. zenti wang

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Am Samstag ist Europäischer Tag des Notrufs 112. Wer in den Kreisen Gütersloh und Warendorf die 112 wählt, kommt meist in den Leitstellen an.

Im Kreishaus Warendorf läuft die Notrufnummer 112 auf: Leiter Jens Holtkötter steht am Arbeitsplatz von Disponent Sebastian Nasse. Fotos: Borgmann

Der ausgehende Handyanruf kann in der Leitstelle lokalisiert werden. Der rote Punkt gibt den Standort an.

Kreis Gütersloh/Kreis Warendorf (mbo) - Schreck am frühen Morgen. Das Baby schnappt sich das Mobiltelefon seiner Mutter und verschwindet damit in einer Ecke. Geschickt spielt es mit dem Smartphone herum – und wählt die Nummer 112. Automatisch stellt das Gerät auf Lautsprecher. Als sich der Disponent meldet, hören die Eltern eine Stimme: „Notruf Feuerwehr und Rettungsdienst. In welcher Stadt ist ihr Notfall?“. Die Mutter springt auf und entdeckt ihr freudestrahlendes Baby mit Mobiltelefon. Ihr ist gerade nicht so nach Lachen zumute und erklärt am Telefon, was passiert ist...

Die 40 Mitarbeiter der Leitstelle im Kreishaus Warendorf kennen das. „Das kommt schon mal vor“, sagt Leiter Jens Holtkötter. Und: „Gut, dass die Mutter drangeblieben ist.“ Denn so konnte sich der Disponent davon überzeugen, dass wirklich kein Notfall vorlag. „Wir stehen schließlich nicht daneben und können uns nur aus der Ferne ein Bild von der Lage machen“, sagt Holtkötter. Immer wieder komme es vor, dass Menschen in so einer Situation einfach auflegten. „Und wenn wir die angezeigte Nummer zurückrufen, geht keiner ran.“

Ebenso komme es vor, dass sich das Handy in der Hosentasche selbstständig macht, sofern die Tastensperre das nicht verhindert. Dann vernimmt der Disponent oft Fahrgeräusche und Radiomusik aus dem Auto. Manchmal kann es sich aber tatsächlich um einen Notfall handeln. „Zum Beispiel, wenn jemand stürzt und es noch gerade schafft, die 112 zu wählen.“ Holtkötter kann sich noch an so einen Fall erinnern. „Der Disponent wollte gerade auflegen, da hörte er ein verdächtiges Geräusch, wurde misstrauisch und entsandte einen Rettungswagen sowie die Feuerwehr, um die Tür zu öffnen. Tatsächlich befand sich eine Person in einer hilflosen Lage und konnte gerettet werden.“

Eine Ausnahme im Kreis Warendorf

Wer im Kreis Warendorf die 112 wählt, kommt in der Leitstelle des Kreishauses an – mit Ausnahme der Stadt Ahlen, die eine eigene Leitstelle unterhält. Zehn Einsatzleitplätze existieren in dem Anbau des Kreishauses, der seit 18 Monaten in Betrieb ist. An jedem befinden sich fünf Bildschirme sowie weitere Gerätschaften. Ein Lagedienstführer und fünf Disponenten arbeiten im 24-Stunden-Dienst, der jeden Morgen um 7.20 Uhr beginnt, ein weiterer Disponent springt bei Personalausfällen ein.

48 Wochenstunden hat jeder auf dem Plan – inklusive Ruhezeiten. Dafür stehen den Mitarbeitern separate Räume zur Verfügung. Dass die 112 rund um die Uhr erreichbar ist, versteht sich von selbst. „Sie kann nie besetzt sein“, sagt Holtkötter. Sollte die Leitstelle aufgrund äußerer technischer Probleme nicht erreichbar sein, würde automatisch auf die Leitstelle in Gütersloh umgeleitet. Beide sind miteinader vernetzt.

Dass die Notrufnummer nie besetzt seit kann, liegt daran, dass die Mitarbeiter in der Lage sind, mehrere Anrufe parallel anzunehmen. Der Krankentransport kann warten, sobald ein Notruf eingeht. Nach durchschnittlich 2,3 Sekunden geht jemand dran. Eine Standleitung unterhält die Feuerwehr auch zur Polizei-Leitstelle, die sich nur wenige Meter weiter bei der Kreispolizeibehörde befindet: Wer einen großen Unfall meldet, muss nicht auch noch zusätzlich die Polizei verständigen, das erledigt die Feuerwehr.

Wer mit seinem Mobiltelefon anruft, kann geortet werden. Test in der Leitstelle: Mit dem Handy ist die 112 gewählt, sofort leuchtet die Handynummer auf dem Bildschirm des Disponenten auf. Ein paar Mausklicks genügen, und schon taucht ein roter Kreis auf einer Kartendarstellung auf. Nach wenigen Sekunden ist der Standort übermittelt. Gut für den Notfall, wenn man sich gerade an einer unbekannten Stelle befindet.

Der Disponent, der den Einsatz bearbeitet, sieht von seinem Platz aus die zur Verfügung stehenden Rettungsmittel: Rettungswagen, Notarzt, aber auch den nächsten freien Hubschrauber. „Das ist ganz allein Sache des Mitarbeiters, das zu entscheiden“, sagt Holtkötter, der auf die insgesamt fünfjährige Qualifikation der Disponenten verweist. Die meisten sind ausgebildete Notfallsanitäter.

Sirenen können gesteuert werden

Noch während die Fahrzeuge ausrücken, fragt der Leitstellendisponent den Anrufer nach dem Zustand des Verletzten: Ist er wach und ansprechbar, hat er Atem- oder Kreislaufstörungen? Die Erkenntnisse werden dem Notarzt noch während der Fahrt übermittelt. Ein Notruf kann auch schon mal länger dauern. Etwa dann, wenn der Mitarbeiter dem Anrufer sagt, wie er mit der aufgefundenen Person verfahren soll, bis der Rettungsdienst eintrifft. Momente, die von den Einsatzkräften höchste Konzentration erfordern. Mittels Computerprogramm schaut sich der Disponent zudem nach einem freien Platz im Krankenhaus um.

„Je größer der Einsatz, desto höher sind die Maßnahmen, die ergriffen werden. Die Sirenen im Kreis lassen sich von der Leitstelle ebenso steuern wir Apps, die vor Katastrophen warnen. Bei Gefahr für die Bevölkerung kann das Programm von Radio WAF unterbrochen werden – der Warnhinweis kommt dann direkt aus der Leitstelle.

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